Giftigkeit, Wirkung und Folgen von Nervengift
Wirkung als Enzym-Blocker
Eine Nervenzelle (Axon) leitet einen elektrischen Impuls (Aktionspotential) an sich entlang, bis dieser an ihrem Ende angelangt (Axon-Endkopf), wo eine Lücke zur nächsten Nervenzelle oder zum Zielorgan ist. Diese Lücke heißt Synapse.
Das ankommende Aktionspotential bewirkt den Einstrom von Ca2+-Ionen in den Axon-Endkopf. Dadurch verschmelzen synaptische Bläschen mit der präsynaptischen Membran und Acetylcholine (ca. 5000 ACh-Moleküle pro Bläschen) werden in den synaptischen Spalt entleert.
ACh-Moleküle besetzten ca. 1 ms lang Rezeptoren in der postsynaptischen Membran. Ebenso lange öffnen sich die zugehörigen Ionenporen, Na+-Ionen strömen ins Zellinnere.
ACH-Moleküle besetzen das Enzym Cholinesterase (ChE) und werden in Acetat-Ionen und Cholin gespalten (etwa 300 gespaltene ACH -Moleküle durch ein CHE-Molekül pro Millisekunde). Die Spaltprodukte werden in den Endkopf wieder aufgenommen, wo neues ACh gebildet wird.
Nervengase lagern sich nun an das ChE an, wodurch das ACh nicht mehr vernichtet wird. Das ACh bleibt in der Synapse, so daß die Ionenporen der ACh-Rezeptoren kontinuierlich geöffnet werden, wodurch ständig Na+ in den postsynaptischen Teil eindringen kann und so unaufhörlich elektrische Impulse gesendet werden (Überreizung).
Giftigkeit verschiedener Nervengase
Name |
Maus |
Meerschwein |
Hase |
Mensch |
Mensch |
Tabun |
LD50: 0,6 |
LD50: 0,12 |
LCt50: 960 |
LD50: 57 |
LCt50: 200 |
Sarin |
LD50: 0,42 |
LD50: 0,0385 |
LD50: 0,03 |
LD50: 24 |
LCt50: 100 |
Soman |
LD50: 0,62 |
LD50: 0,0245 |
LD50: 0,0213 |
LD50: 5 |
LCt50: 100 |
VX |
??? |
LD50: 0,0084 |
LD50: 0,0154 |
LD50: 0,14 |
LCt50: 50 |
LCt50 (Einatmen) = Lethal Concentration for 50% of Victims (mg min m-3)
LD50 (durch Haut, Magen) = Lethal Dose for 50% of Victims (mg kg-1)
Die Giftigkeit der Gase kann von Schleppern noch weiter erhöht werden, die dem Stoff helfen, besser durch die Haut in die Blutbahn zu gelangen.
Bei einer 50%igen Somanlösung z.B. genügt ein Sechstel der Giftmenge um tödlich zu wirken, wird es mit dem Schlepper DMSO (Dimethylsulfoxid) gemischt.
Die Toxizitat bei Aufnahme durch die Haut wird gesteigert, ist das Opfer höheren Temperaturen ausgesetzt.
Nervengas Vergiftung: Verschiedene Arten
Leichte Vergiftung:
Verengung der Pupillen (steigert Nachtblindheit und Lichtscheue), verminderte Anpassungsfähigkeit der Augen (nahe Objekte verschwimmen), erhöhte Speichelproduktion, laufende Nase, Drücken in der Brust, Atembeschwerden
Mittelschwere Vergiftung:
Augenschmerzen, Kopfweh, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, leichte Krämpfe
Schwere Vergiftungen:
Schwindelkeit und Verlust des Gleichgewichtssinnes, Halluzinationen, Husten, Magen- und Darmbeschwerden, Schweißausbrüche, Erbleichen, Ausspracheschwierigkeiten (unklar + sinnloses Zeug), Krämpfe, Muskelschwäche, Zittern, Nervenzucken
Sehr schwere Vergiftungen:
Herzschwierigkeiten (Unregelmäßiger Puls, Herzrasen o.ä.), unfreiwilliger Urin- und Kot- Ablass
Tödliche Vergiftungen:
Viele der oben genannten Symptome haben gar keine Zeit, sich zu entwickeln, bevor das Opfer bewußtlos wird, die Atmung einstellt und daraufhin stirbt.
Besonderheiten von Nervengas
Der Grad der Vergiftung hängt nicht von der Konzentration des Gases noch von der Zeit, in der das Opfer dem Gas ausgesetzt war ab, sondern lediglich von der Endmenge, die sein Körper aufgenommen hat. Lediglich bei sehr kleinen Dosen spielen Geschwindigkeit und Konzentration eine Rolle, da der Körper sich bis zu gewissem (sehr kleinem) Maße selbst entgiften kann. Um den gleichen Effekt zu haben muß er entsprechend länger dem Gift ausgesetzt werden.
Auch sind die Symptome nicht bei jedermann die selben. Es kommt stets darauf an, welche Körperbeschwerden das Opfer hat und wie resistent es gegen Nervengase ist.
Symptome, die die Muskeln betreffen wirken sich auch auf alle Muskeln (auch Atemmuskeln, etc.) aus.